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Alles Fassade

Es rumort die Wiener Seele immer dann, wenn beim Aufstehen irgendetwas nicht mehr ganz genau so ist, wie am Abend davor. Und so gesehen mutet die Stadt ihren BewohnerInnen gerade ordentlich was zu. Der Prater hat einen neuen Eingang gekriegt. Heute frisch eröffnet. Darüber ist schon im Vorfeld viel geschimpft worden. Ich war dort, und der ist wirklich schirch.

Weil das der alte aber auch war (und darüber braucht man gar nicht lange zu streiten) kann man sich genau darüber nicht wirklich aufregen. Sich nicht aufregen können geht aber in Wien gar nicht. Also braucht es was anderes. Und das war leicht gefunden: Der neue Eingang zum Prater ist nämlich “nur Fassade”. Pfui!

Eröffnungsparty

Und es stimmt. Es ist alles nur Fassade, und die zitiert eine Zeit, die es so nie gegeben hat. Man hätte das alles natürlich auch völlig anders gestalten können, wahrscheinlich sogar sollen. Allerdings darf man eines nicht vergessen: Indem man den Vorplatz vom Riesenrad mit einer Pappmaschee-Welt eingerahmt hat, hat man es in einen historisch gar nicht so unrichtigen Kontext zurückversetzt. Als das Riesenrad nämlich 1897 errichtet wurde, befand sich auf der Kaiserwiese, also direkt davor, “Venedig in Wien“, ein auch kommerziell höchst erfolgreicher Themenpark, der nichts anderes tat als Venedig nachzubauen. Kanäle und Gondeln inklusive. Alles Fassade versteht sich.

Venedig in Wien

Dass dem Wurstelprater ein aufpolierter Eingang seinen halbseidenen Ruf streitig machen kann, möchte ich mal stark bezweifeln. Da ginge allerdings dann wirklich was verloren. So fügt sich die neue Kulisse an Hässlichkeit aber erstmal ohnehin nahtlos ins Bild. Es wird ja wohl bitte niemand behaupten, dass (die stillgelegte Holzrutsche am anderen Ende mal ausgenommen) irgendetwas im Prater schön wäre. Wozu denn auch. Hauptsache bunt, schnell und laut. Da passt schon alles so wie’s ist.

[Man merkt, ich bin schon in der Vorstufe zum raunzenden Wiener. Finden, dass alles so passt wie es ist, ist wohl eine notwendige Voraussetzung um gegen Veränderung zu sein…]

Aber jedenfalls eines noch: Dass fünfzehn Minuten nachdem ich wieder in meiner Wohnung sitze zur Feier des Tages ein riesiges Feuerwerk abgelassen wird, wovon ich kurz vorher – am Ort des Geschehens – aber sowas von nicht informiert worden bin, ist schlicht und einfach eine Frechheit. Wie wärs beim nächsten Mal mit einem kleinen Schild? Großes Feuerwerk, heute 22 Uhr? Ist das zuviel verlangt? Ich kann ja hier nicht um die Ecke schaun…

Nur Fassade

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